Baumle, Seele, baumle

Wer meinen aktuellen Roman „Om Shanti Wuff” gelesen hat, geht vielleicht davon aus, dass ich mich auch im wirklichen Leben mit Yoga und Meditation beschäftige. Das tue ich tatsächlich seit Jahren mal mehr, mal weniger intensiv. Ich interessiere mich für alle möglichen Ansätze zum Thema: „Wie finde ich mehr Ruhe und inneren Frieden?” Loslassen fällt mir schwer. Ich stehe häufig unter Strom. Was ich damit meine, ist dieses andauernde geistige Listen-Schreiben, Bewerten und Planen. Mit einem Fuß in der Vergangenheit, mit dem anderen schon in der Zukunft, obwohl beide doch im Hier und Jetzt viel besser aufgehoben wären.

Im Rahmen meiner Möglichkeiten arbeite ich mich durch verschiedene Autoren. Sehr gern lese ich Bücher des aus Vietnam stammenden Mönches Thich Nhat Hanh – oder aktuell den New-York-Times-Bestseller „Urban Monk” von Pedram Shojai.

Innerer Frieden ist meiner Meinung nach nichts, was sich einfach mal so anknipsen lässt. Ich erwarte also nicht, eines Morgens aufzuwachen und das permanente Geplapper meines eigenen Geistes plötzlich nicht mehr zu hören – vermutlich würde ich einen Schock bekommen, wenn es so ohne weiteres einfach verstummen würde – aber ich freue mich, wenn ich mal eine halbe Stunden auf dem Balkon sitze und mich wirklich frei fühle. Sicher passen dann auch die äußeren Umstände – vermutlich kümmert sich mein Mann um unsere Tochter, ich spüre weder Hunger noch Durst, mir ist nicht zu kalt und nicht zu warm, es stehen keine Termine an und mein Körper ist weitestgehend gesund – das sind so Momente, die mich mehr wollen lassen und aufgrund derer ich das Bestreben nicht aufgebe, mich auch in anderen, schwereren (sehr viel schwereren!) Augenblicken frei zu fühlen.

Wir haben einen Wohnwagen. Er ist schon ziemlich alt und nicht mehr besonders hübsch, aber er gehört uns und er erfüllt seinen Zweck. Wir waren damit schon viel unterwegs. Am liebsten in Südfrankreich. Aber ganz ehrlich: In den letzten Jahren, also seit wir eine Familie sind, konnte ich das nicht mehr so genießen wie früher. Zu viel zu bedenken und zu planen: Mein altes ich-kann-schlecht-loslassen-Problem schlug selbst im Urlaub zu, wenn ich doch eigentlich die Seele baumeln lassen wollte.

Deshalb ändern wir in diesem Jahr mal die äußeren Umstände. Wir fahren nicht für drei Wochen irgendwo hin, sondern lassen den Wohnwagen auf einem Campingplatz im Weserbergland stehen. Am Doktorsee. Das ist ungefähr eine halbe Stunde von unserem Wohnort entfernt und wir können jedes Wochenende – wenn wir Lust haben, wenn uns das Wetter passt – hinfahren, den See genießen, vielleicht Boot fahren, auf dem Spielplatz spielen, den Platz erkunden, die Nachbarn beobachten, Freunde zum Grillen einladen und was uns sonst noch einfällt. Am Himmelfahrts-Wochenende geht’s los.

Ich bin freue mich schon und raune mir selbst leise zu: Baumle, Seele, baumle.

7 Kommentare zu „Baumle, Seele, baumle

  1. Meine Eltern hatten früher auch einen Wohnwagen, der auf einem festen Platz in der Nähe von Bad Iburg stand. Fast jedes Wochenende sind wir dorthin gefahren, es war eine herrliche Zeit. Mnachmal sehne ich mich nach so einem Platz, ajn dem ich dann wohl auch meine Seele baumeln lassen würde. Es gelingt aber auch ab und zu im Garten hinter dem Haus, wenn nicht gerade die Enkelschar anwesend ist. Da baumeln dann eher die Beine am Rand des Sandkastens oder beim Anschieben der diversen Bobbycars und Trecker. 🙂
    Liebe Grüße
    Regina

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  2. Hallo Ruby, das klingt nach einem guten Plan! Manchmal braucht es wirklich lang, bis man abschalten kann. Dann lieber öfter einmal kurz, als einmal im Jahr länger. Lg, Anna

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